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2.3.2 Urheberrecht

Der Schutz geistigen Eigentums und das Urheberrecht sind ebenfalls durch die IKT berührt. Computertechnologie ermöglicht mittels Digitalisierung die fast beliebige Reproduzierbarkeit von Ton-, Text- und Bilddokumenten und damit natürlich auch den möglichen Mißbrauch. Über die technische Infrastruktur des Internet ist zudem eine leichte Verfügbarkeit und effektive Verbreitungsmöglichkeit gegeben.

Die bisherige Position der Bundesregierung zu diesen Fragen:

„Das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte von 1965 erfaßt grundsätzlich auch die digitale Verwertung von geschützten Werken und Leistungen. Dabei erfüllt die Bundesrepublik Deutschland Verpflichtungen aus internationalen Verträgen. Im Blick auf die neuen Verwertungsformen werden einige Anpassungen und Fortentwicklungen des Urhebergesetzes (UrhG) erforderlich, ohne daß seine Grundprinzipien angetastet werden. Ziel sollte es sein, einerseits die Urheber und Werkevertreter zu schützen und zu fördern, andererseits die Anwendung der neuen Technologien möglichst nicht zu behindern." (1)

Im Hinblick auf diese Rechtsfragen sind internationale Übereinkünfte notwendig. Die Konferenz über Fragen des Urheberrechtes und benachbarter Rechte(2), die im Dezember 1996 in Genf stattfand, legte zwei Vertragsentwürfe vor, welche die Rechte von Urhebern und Rechteinhabern international neu festschreiben sollen.(3) Die resultierenden Forderungen gehen teilweise weit über das in Deutschland geltende Urheberrecht hinaus, das z.B. auch ein Recht zur öffentlichen Wiedergabe vorsieht (Begriff der öffentlichen Verwertung in §15 Abs.3 UrhG).

Strittig im Draft WIPO Performances and Phonograms Treaty ist u.a. ein Passus, der sogar temporäre Kopien eines geschützten Werkes als Vervielfältigung definiert. Provider, die einen Proxy-Server(4) für das WWW betreiben, würden sich dadurch der Urheberrechtsverletzung schuldig machen, sobald angeschlossene Nutzer Webseiten mit rechtlich geschützten Inhalten aufrufen, obwohl sie schon allein wegen der anfallenden Datenmengen keine Möglichkeit der Kontrolle hätten.

Im Kern geht es bei sämtlichen Fragen, bei denen das Urheberrecht und Leistungsschutzrechte die IKT tangieren, darum, Autoren, Künstlern, Programmierern usw. auch weiterhin die Sicherstellung und Handhabe ihrer kommerziellen Verwertungsrechte zu gewährleisten.

Daß eine allzu restriktive Gesetzgebung aber auch zu unvorhergesehenen gesellschaftlichen Problemen führen kann, schildert Andy Müller-Maguhn:

„Durch die Novellierung des europäischen Urheberrechtschutzgesetzes ist der Besitz nicht lizensierter Softwareprodukte eine Straftat auch im bundesdeutschen Recht und nicht wie bisher ein zivilrechtliches Problem. Somit sind schätzungsweise 95% aller Computerbesitzer Straftäter. Abgesehen von der Frage, welche desorientierenden Folgen eine solche Kriminalisierung großer Teile der Bevölkerung in bezug auf das Verhältnis zwischen Bürger und Staat hat, ist zu bemerken, daß die ja nicht unverständliche Forderung der Softwareindustrie in dieser Umsetzung vor allem die Schwächsten am Härtesten trifft."(5)


(1) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (Hg.), Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen - Feststellungen und Empfehlungen, Bonn 1995, S. 23

(2) Veranstaltet von der WIPO (World Intellectual Property Organisation)

(3) Gemeint sind Draft WIPO Copyright Treaty und Draft WIPO Performances and Phonograms Treaty.

(4) Proxy-Server sind Computer oder Prozesse auf Computern, die häufig angeforderte Internet-Inhalte zwischenspeichern, um sie bei Bedarf zum schnellen Abruf bereitzustellen und dienen damit u.a. der Geschwindigkeitsverbesserung und Netzentlastung.

(5) Müller-Maguhn, Andy, Visionen für eine informierte Gesellschaft, in: Jörg Tauss, u.a. 1996, S. 936


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